CERN und Schwarze Löcher

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Dr. Matthias Schott

Interview mit CERN-Physiker Dr. Matthias Schott

Teil 2: Über die Hawkingstrahlung und die
Entwicklung Schwarzer Mini-Löcher

Drillingsraum: Es wird davon ausgegangen, dass die Schwarzen Löcher am CERN nach ihrer Entstehung aufgrund der Hawkingstrahlung sofort wieder zerfallen. Was ist genau ist diese Hawkingstrahlung?

Dr. Matthias Schott: In der Quantenphysik kann aus dem Vakuum ein Teilchen und sein zugehöriges Antiteilchen entstehen, wenn sie sofort danach wieder zerstrahlen, also sich gegenseitig auslöschen. Dies passiert so schnell, dass man keinen Widerspruch zur Energieerhaltung feststellen kann, aber es passiert eben laufend. Wenn nun ein solches Teilchen-Antiteilchen Paar genau an der Grenze des Schwarzen Loches entsteht, dann fällt eines der beiden Teilchen in das Loch, das andere kann dagegen gerade noch entkommen. Diese entkommenden Teilchen sind dann die Hawking-Strahlung. Erstaunlicherweise ist eine Konsequenz des hineinfallenden Teilchens, dass die Masse des Schwarzen Loches dadurch abnimmt.

Drillingsraum: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Theorie der Hawkingstrahlung falsch ist, und die Schwarzen Löcher somit doch stabil bleiben würden?

Dr. Matthias Schott: Auch die Hawkingstrahlung ist nur eine Theorie, wenngleich eine ziemlich plausible. Denn sie basiert ausschließlich auf Beobachtungen, die wir schon kennen. Das heißt wenn es keine Hawkingstrahlung gibt, wäre irgendetwas falsch in unserem Verständnis der Physik.

 
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Der neue LHC am CERN. Noch ist unklar, ob er tatsächlich Schwarze Löcher erzeugen kann.

Drillingsraum: Angenommen, ein Schwarzes Mini-Loch bliebe tatsächlich längere Zeit stabil. Wenn man den Ausführungen der meisten Physiker glaubt, soll es sich sofort nach der Entstehung von der Erde entfernen, da es nach dem Stoß eine große Geschwindigkeit besitzt und aufgrund seiner winzigen Größe auf keinen nennenswerten Widerstand trifft. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass es aus irgendeinem Grund doch nicht davonfliegt, sondern sich im Erdkern einnistet?

Dr. Matthias Schott: Erst einmal ein kurzer Hinweis zu Wahrscheinlichkeiten: Ein Physiker tut sich meist recht schwer irgendetwas auszuschließen. Man gibt lieber Grenzen für bestimmte Sachen an. Als Beispiel können wir hier mal diskutieren, wie gefährlich es ist, einen elektrischen Rasierer zu verwenden. Nehmen wir an ich rasiere mich jeden zweiten Tag, und nehmen wir weiter an ich mache dies seit zehn Jahren und mir ist noch nie etwas passiert. Dann kann ich als Obergrenze festlegen, dass es 1 zu etwa 1800 steht, dass morgen etwas passiert. Allerdings heißt dies nun nicht, dass Rasieren gefährlich ist. Es heißt nur, dass ich eben keine bessere Aussage auf Grund meiner Erfahrung machen kann. Zurück zur eigentlichen Frage: Nehmen wir also an, dass die Sachen, die wir schon wissen trotzdem falsch sind – genauso wurde übrigens innerhalb der LHC Safety Gruppe vorgegangen. Wir haben also ein kleines schwarzes Loch, dass entweder geladen oder elektrisch neutral ist, aber nicht zerfällt. Das Verhalten von geladenen Teilchen kennt man ziemlich genau, sie werden nämlich sofort abgebremst, wenn sie durch Materie fliegen. Für geladene kleine schwarze Löcher gilt also sofort wieder

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Am CERN gibt es 4 große Experimente bzw. Detektoren um neue Teilchen nachzuweisen. Hier sieht man einen Teil des CMS-Detektors bei der Montage. In ihm könnte eines Tages das HIGGS-Teilchen nachgewiesen werden.
 

das Argument der kosmischen Höhenstrahlung, die ja auch sehr stark abgebremst werden würde. Nehmen wir nun also an, dass wir ein neutrales schwarzes Loch haben. Dieses würde dann wachsen, wenn es nicht zerfällt. Mit größter Wahrscheinlichkeit würde es natürlich Protonen und Neutronen einfangen, da diese viel größer als Elektronen sind. Also würde auch dieses kleine Schwarze Loch wieder sehr schnell geladen und somit abgebremst. Schon gilt wieder das Argument mit der Höhenstahlung. Es gibt noch viele weitere Argumente, dass kleine schwarze Löcher nicht gefährlich sein können. So zum Beispiel die Erhaltung von bestimmten Quantenzahlen oder die Existenz von Neutronensternen. Das sind solch fundamentale und gesicherte Aussagen der Physik, dass wir wirklich guten Gewissens sagen können, dass von Schwarzen Mini-Löchern keine Gefahr ausgeht.

Drillingsraum: Gehen wir zum letzten Schritt und nehmen an, dass sich ein Schwarzes Loch trotz aller bisheriger Gegenargumente im Erdkern einnisten wird. Wie lange würde es dauern, bis es auf gefährliche Ausmaße angewachsen ist?

Dr. Matthias Schott: Das kleine schwarze Loch würde sich nicht im Erdkern einnisten, sondern immer hin und her oszillieren, ähnlich wie eine Pendelbewegung. Es fliegt ja fast immer durch die Erde durch. Rechnungen sagen, dass das Anwachsen auf eine gefährliche Größe wohl länger dauern würde, als die Sonne noch brennt. Also wirklich lange. Ein solches kleines

schwarzes Loch ist eben sehr sehr klein und bräuchte sehr viel Glück, um überhaupt mal etwas zu treffen. Allerdings kenne ich diese Rechnungen nicht im Detail. In einer ZDF-Reportage vor wenigen Wochen wurde ein Tübinger Professor interviewt. Dieser meinte, es könnte auch nur 50 Jahre dauern. Er selbst nennt sich Chaosforscher, was auch immer das nun ist. Jedenfalls kenne ich auch seine Rechnungen nicht und kann diese daher auch nicht kommentieren. Wie aber schon gesagt: Alleine die Annahme, dass man ein stabiles schwarzes Loch hat, welches nur bei den CERN Experimenten entstehen kann und dann gefährlich wird, ist eben falsch.

Drillingsraum: Inwiefern könnte man die entstandenen Schwarzen Löcher untersuchen, was für Informationen könnte man über sie erhalten?

Dr. Matthias Schott: Die Schwarzen Mini-Löcher würden sofort wieder in eine Vielzahl von anderen Teilchen zerfallen. Sollte man am CERN wirklich Schwarze Mini-Löcher entdecken, so wäre dies eine wirkliche Sensation. Denn es würde bedeuten, dass unsere Welt aus mehr als drei Raumdimensionen besteht. Allerdings wäre es auch das Ende der Teilchenphysik wie wir sie kennen: Denn wenn wir noch größere Beschleuniger mit noch höheren Energien bauen, würden wir lediglich noch mehr Schwarze Mini-Löcher erzeugen und nicht mehr neue, schwerere Teilchen entdecken können.

Drillingsraum: Die Angst vor einem möglichen Weltuntergang bringt das CERN zur Zeit in allerlei Medien präsent. Profitiert das CERN vielleicht auch in irgendeiner Weise von diesem spontanen Bekanntheitszuwachs?

Dr. Matthias Schott: Da wir ja keinen Profit machen, sondern Grundlagenforschung zum Wohle der Menschheit - wenn man so sagen kann - profitieren wir davon natürlich nicht. Wir wollen schließlich als das offene und freie Forschungslabor wahrgenommen werden, das wir auch sind. Den einzigen Unterschied den ich feststellen konnte ist, dass man während der Führungen für Touristen öfter nach kleinen schwarzen Löchern und weniger nach den Antimateriebomben aus dem Buch von Dan Brown gefragt wird. Diese sind natürlich auch reine Fiktion.

 
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