Einführung: Die 4 Grundkräfte der Physik Wer wissen will, was die Welt im Innersten zusammenhält, der muss sich die 4 Grundkräfte der Physik anschauen. Sie sind dafür verantwortlich, dass sich bestimmte Teilchen untereinander anziehen, abstoßen oder auf eine andere Weise wechselwirken können. Aus dem Alltag sind uns zwei dieser vier Kräfte wohlvertraut: Es ist die Gravitation und die elektromagnetische Wechselwirkung. Mit den anderen beiden Grundkräften haben wir im normalen Leben weniger zu tun, da sie sich praktisch nur im Innern von Atomkernen bzw. auf extrem kurzen Distanzen abspielen: Die starke Wechselwirkung sorgt unter anderem für den Zusammenhalt der Protonen im Atomkern. Die schwache Wechselwirkung ist für Teilchenzerfälle verantwortlich, was beispielsweise die Radioaktivität bestimmter Elemente zur Folge hat. Jede dieser vier Kräfte hat bestimmte Eigenschaften und ein Modell zur theoretischen Beschreibung ihrer Wirkungsweise. Schauen wir uns diese vier Kandidaten mal etwas genauer an... |
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1.2 Starke Wechselwirkung: Von Gluonen, Quarks und Farbladungen Genauer betrachtet wirkt die starke Kernkraft zwischen allen Teilchen, die eine sogenannte Farbladung tragen, also den Quarks. Vermittelt wird die starke Wechselwirkung über Gluonen, die selbst auch eine Farbladung tragen, was dazu führt, dass Gluonen auch untereinander wechselwirken können. Diese Farbladung hat jedoch nichts mit einer herkömmlichen Farbe zu tun. Man hat dieses Konzept nur deshalb eingeführt, weil sich dadurch gut beschreiben lässt, auf welche Art und Weise sich Quarks untereinander zusammenschließen. So gibt es 3 verschiedene Farbladungen: Rot, Grün und Blau, sowie 3 Anti-Farbladungen: Anti-Rot, Anti-Grün und Anti-Blau. Jedes Quark trägt eine dieser Ladungen, und Zusammenschlüsse aus verschiedenen Quarks sind nur möglich, wenn die Überlagerung der einzelnen Farbwerte weiß ergibt. Das ist zum Beispiel bei Protonen oder Neutronen der Fall, die aus je 3 Quarks mit unterschiedlicher Farbladung bestehen. Auch eine Verbindung aus einem Quark und einem Anti-Quark ist möglich, da eine Kombination aus Farbe und Anti-Farbe ebenfalls weiß ergeben kann. Stabile Systeme aus Quarkverbindungen, wie etwa ein Proton oder ein Neutron, sind nach außen hin farbneutral. Doch wenn man zwei solcher vermeintlich neutralen Systeme nahe genug zusammenbringt, treten sie dennoch in Wechselwirkung. Genau das passiert im Atomkern: Neutronen und Protonen sind so dicht beieinander, dass sie über die starke Wechselwirkung in Verbindung treten und sich gegenseitig anziehen. |
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2.2 Schwache Wechselwirkung: Erlaubte, verbotene und seltsame Prozesse Der schwachen Wechselwirkung unterliegen neben dem oben erwähnten Beta-Zerfall noch viele weitere Umwandlungs- und Zerfallsprozesse. So unterliegen alle Quarks (es gibt 6 Quarks und 6 Antiquarks), sowie alle Leptonen (z.B. Elektronen, Neutrinos) diesen identitätsverändernden Abläufen. Dabei ist zu erwähnen, dass zwar Quarks in Quarks, und Leptonen in Leptonen umgewandelt werden können, jedoch ist es der schwachen Wechselwirkung nicht möglich, Leptonen in Quarks zu überführen oder umgekehrt. Das ist auch der Grund, weshalb man keinen Protonenzerfall beobachtet: Denn dazu müsste genau eine solche Umwandlung eines Quarks in ein Lepton ablaufen. Es gibt jedoch keine (uns bekannte) Kraft, die diesen Prozess ermöglicht. Eine Besonderheit der schwachen Wechselwirkung ist die Paritätsverletzung. Unter der Parität versteht man eine Symmetrieeigenschaft, die etwas mit der Umkehrung von Raumkoordinaten zu tun hat. Normalerweise dürften sich physikalische Abläufe vom Prinzip her nicht verändern, wenn man alle Raumkoordinaten umkehrt. Vorgänge, die mit der schwachen Wechselwirkung in Verbindung stehen, tun dies jedoch. Diese Tatsache hat die Fachwelt im Jahre 1956 regelrecht vom Stuhl gehauen, da man bis dahin angenommen hatte, dass die Naturgesetze sich bei der Inversion der Raumkoordinaten nicht verändern. In diesem Jahr jedoch wurde die Paritätsverletzung im sogenannten Wu-Experiment nachgewiesen. |
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3.2 Elektromagnetische Wechselwirkung: Der Übertragungsprozess duch virtuelle Photonen Eine noch genauere Beschreibung der elektromagnetischen Wechselwirkung liefert die Quantenelektrodynamik, welche die Elektrodynamik mit der Quantenmechanik vereinheitlicht. Die Quantenelektrodynamik ist die am genauesten experimentell überprüfte Theorie in der Physik. Übertragen wird die elektromagnetische Wechselwirkung durch virtuelle Photonen. Ein Beispiel: Bewegen sich zwei Elektronen aufeinander zu, werden sie sich aufgrund ihrer gleichnamigen Ladung wieder abstoßen. Dies geschieht durch den Austausch eines virtuellen Photons, welches für den Impulsübertrag sorgt. Dadurch, dass Photonen keine Ruhemasse besitzen, hat die elektromagnetische Wechselwirkung eine unendliche Reichweite. Moment mal, virtuelles Photon? Was ist das denn? Unter virtuellen Teilchen versteht solche Teilchen, die auftauchen, obwohl klassisch gesehen nicht genügend Energie für deren Erzeugung zur Verfügung steht. Doch aufgrund der Energie-Zeit-Unschärferelation ist es möglich, für eine bestimmte Zeit Energie aus dem Vakuum zu „borgen“, sofern sie rechtzeitig wieder zurückgegeben wird. Dabei gilt: Je größer die Energie, desto kürzer ist die erlaubte Ausborgzeit. Das ist übrigens auch der Grund, weshalb die schwache Wechselwirkung so kurzreichweitig ist: Ihre Bosonen, die geladenen W's und das neutrale Z-Boson, haben relativ große Massen. Der Austausch der schwachen Wechselwirkung erfolgt ebenfalls „nur“ über virtuelle W's und Z's. Da die Energiemengen, die diese Bosonen sich für ihre eigene Erzeugung aus dem Vakuum borgen müssen, relativ groß sind, ist die erlaubte Ausborgzeit laut Energie-Zeit-Unschärferelation extrem kurz. Mit anderen Worten: Virtuelle W und Z Bosonen existieren nur für eine extrem kurze Zeit. Dadurch wirkt die schwache Wechselwirkung nur soweit, wie die Strecke, die ihre Bosonen in ihrer kurzen Lebenszeit zurücklegen können. Und das sind ungefähr 0,000000000000000001 Meter. |
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4.2 Gravitation: Allgemeine Relativitätstheorie und Gravitonen Historisch gesehen gab es viele Versuche, die Planetenbahnen und die Bewegung anderer Himmelskörper bezüglich der Gravitation in Formeln zu fassen. Somit erklärten diese Theorien zwar (mehr oder weniger genau) die Auswirkungen der Gravitation, jedoch nicht die Gravitation an sich. Erst Albert Einstein ging diesen Schritt, 1915, mit seiner allgemeinen Relativitätstheorie. Darin sieht er Raum und Zeit nicht mehr als starre, unveränderliche Gebilde an, wie das Isaac Newton noch getan hat, sondern vereint diese beiden Systeme zu einer 4-dimensionalen Raumzeit, deren geometrische Struktur sich dort verändert, wo sich Massen (oder Energien, siehe E=mc²) befinden. Laut allgemeiner Relativitätstheorie ist Gravitation also nichts anderes, als eine Krümmung der Raumzeit. Objekte, die sich von einem Punkt in der Raumzeit zu einem anderen bewegen, wollen das immer auf der kürzest möglichen Verbindung tun. Ist der Raum nicht gekrümmt, ist dieser Weg einer Gerade. Bewegt sich das Objekt nahe einer großen Masse, wie etwa einem Stern, ist dieser Weg eine Geodäte, da die Masse des Sterns die Raumzeit krümmt. Eine Geodäte ist die kürzeste Verbindung zweier Punkte im (gekrümmten) Raum. Der Verlauf eines Objekts entlang einer solchen Geodäte ist dann das, was wir als Massenanziehung wahrnehmen. Die Gravitationskraft unterscheidet sich vom Übertragungsmodell her also deutlich von den 3 anderen Grundkräften, die ja nicht geometrisch, sondern durch Austauschteilchen (ganz genau: durch Eichbosonen) vermittelt werden. Zwar sieht das Standardmodell der Teilchenphysik auch für die Gravitation ein solches Eichboson vor, das Graviton, jedoch konnte dieses vermutete Teilchen bisher noch nicht nachgewiesen werden. Es ist außerordentlich schwierig, die Gravitation in andere Theorien mit einzubeziehen. So ist es bis heute nicht gelungen, die allgemeine Relativitätstheorie mit der Quantenmechanik zu vereinigen. Einen Ansatz dazu bietet jedoch die sogenannte M-Theorie, die eine Verallgemeinerung der Stringtheorie darstellt. |
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5.2 Vereinheitlichte Theorien Ein großes Bestreben der heutigen Physik ist es, die 4 Grundkräfte zu einer einzigen Urkraft zu vereinigen. Erste Schritte dazu wurden bereits gemacht: Die elektromagnetische Wechselwirkung ist die Vereinheitlichung von Elektrizität und Magnetismus. Diese wurde wiederum mit einer anderen Grundkraft kombiniert: Die elektroschwache Wechselwirkung verbindet die schwache Kernkraft mit dem Elektromagnetismus. Das Modell der elektroschwachen Wechselwirkung wurde von Sheldon Lee Glashow, Abdus Salam und Steven Weinberg entwickelt, und wird als Quantenflavourdynamik (QFD) bezeichnet. Der nächste Schritt besteht nun darin, die starke Kernkraft noch mit in dieses Modell einzubeziehen, also eine Kombination aus QFD und QCD herzustellen. Gelänge dies, hätte man es geschafft, die sogenannte Grand Unified Theory (GUT) zu entwickeln, welche dann also die schwache, die starke und die elektromagnetische Wechselwirkung unter einen Hut bringt. Fehlt nur noch die Gravitation, die in der Physik immer irgendwie aus der Reihe tanzen muss. Um die Gravitation noch mit in diese Modelle einzubeziehen, muss die allgemeine Relativitätstheorie mit der Quantenmechanik vereint werden, was wohl das größte Unterfangen in der modernen Physik darstellt. Sollte dies eines Tages gelingen, hätten wir die 4 Grundkräfte auf eine gemeinsame Ursache zurückgeführt, und wir hätten sie letztendlich gefunden, die legendäre Weltformel. |
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