Die zwei Theorien

Nicht nur Konstrukteure von Raumsonden wissen was passieren kann, wenn man versucht zwei unterschiedliche Systeme auf ein und das selbe Objekt anzuwenden, auch Physiker kennen dieses Problem. Um die Vorgänge unseres Universums zu beschreiben, haben sich zwei große Theorien als besonders wirkungsvoll erwiesen, es ist Einsteins allgemeine Relativitätstheorie und – auch etwa zur selben Zeit, anfangs des 20 Jahrhunderts entwickelt – die Quantenmechanik.

Allgemeine Relativitätstheorie

1905 veröffentlichte Einstein seine spezielle Relativitätstheorie. In der klassischen Anschauung sind Raum und Zeit unveränderliche, starre Gebilde. In ihnen spielen sich alle kosmischen Ereignisse ab, sie selbst bleiben davon aber unbeeinflusst, sie existieren einfach. Diese Anschauung erwies sich als nicht richtig. Die spezielle Relativitätstheorie (kurz SRT) beschreibt die Auswirkungen auf eben diese Gebilde – Raum und Zeit – wenn sich Objekte in Bewegung befinden. Sie wird immer dann verwendet, wenn die relativistischen Effekte in Experimenten so groß sind, dass sie nicht mehr vernachlässigt werden können. Dieser Fall tritt ein, wenn sehr hohe Geschwindigkeiten mit im Spiel sind. Zu den relativistischen Effekten gehören u.a. die Zeitdiletation (die Zeit vergeht für bewegte Objekte langsamer als für relativ zu ihnen ruhende), die Längenkontraktion (bewegte Objekte erscheinen aus der Ruhe betrachtet verkürzt), die Massenänderung (je schneller sich ein Objekt bewegt, desto größer wird seine Masse).

Die Säulen der speziellen Relativitätstheorie

Die SRT basiert auf zwei Grundannahmen: Für alle Beobachter im Universum gelten die gleichen Naturgesetze. Es spielt keine Rolle, wo sie sich befinden oder wie schnell sie sich bewegen – die Eigenschaften unseres Universums sind überall und zu allen Zeiten die gleichen. Die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit stellt den zweiten Grundpfeiler. Jeder Beobachter, unabhängig seines Bewegungszustandes, misst (im Vakuum) stets die selbe Lichtgeschwindigkeit. Einstein zog die sich daraus ergebenden Konsequenzen für Raum und Zeit, beschrieb diese Effekte auf mathematischer Grundlage, und das Ergebnis dieser Arbeit nennen wir heute spezielle Relativitätstheorie.

 
Entgegen unserer Logik: Das abgestrahlte Licht einer ruhenden Lok (oben) ist gleich schnell wie das einer fahrenden. Die Lichtgeschwindigkeit addiert sich nicht mit der der Lok.

Auf der Suche nach der Schwerkraft

Bei der speziellen Relativitätstheorie fehlt aber etwas entscheidendes: Die Gravitation. Sie wird in der Theorie nicht berücksichtigt. Einstein verbringt 10 Jahre damit, die Gravitation in seine Theorie miteinzubeziehen. 1915 veröffentlicht er schließlich seine allgemeine Relativitätstheorie. Sie ist eine Erweiterung der speziellen Relativitätstheorie und bezieht nun die Auswirkungen der Gravitation auf Raum und Zeit mit ein. Sie besagt: Massen krümmen den Raum (besser: die Raumzeit - die Vereinigung der 3 Raumdimensionen mit der Zeitdimension als ein neues, vierdimensionales Gebilde). In Anwesenheit von Masse wird aus der ansonsten "glatten" Raumzeit eine gekrümmte. Jetzt kann man sich ein vierdimensionales Gebilde nur schwer Vorstellen, erst recht, wenn es auch noch gekrümmt sein soll.

Aber das macht nichts, denn hier genügt es, wenn wir uns an dem gerne genommenen Beispiel des Gummituchs bedienen: Wir nehmen dem Raum einfach die Zeitdimension und eine der Raumdimensionen weg, und das was übrig bleibt, ein zweidimensionales Gebilde, stellen wir durch ein glattes, gespanntes Gummituch dar. Wenn wir nun eine Masse in diesen pseudo-zweidimensionalen Raum bringen, also etwa eine Eisenkugel auf das Gummituch legen, so verformt er sich. Es bildet sich eine Kuhle, in welche man, mit etwas Geschick, eine Murmel so hineinschnipsen könnte, dass diese die Eisenkugel eine gewisse Zeit lang umkreist. Ganz ähnlich passiert das nun eben auch mit der "echten" Raumzeit – in Anwesenheit von Masse wird sie gekrümmt. Die Sonne bildet, genau wie die Eisenkugel, eine Delle im Raum. In deren "Steilwand" bewegt sich dann die Erde (analog zur Murmel), die durch ihre eigene Masse wiederum eine Delle bildet, in der dann der Mond seine Bahnen ziehen kann.

Eine Sonnenfinsternis bringt Licht ins Dunkel

Die Masse krümmt den Raum, und Einstein kommt zu dem Schluss: Die Gravitation ist die Raumkrümmung selbst. Anfangs mochte der Theorie und ihrer wirren Aussagen, Massen und Energien krümmten eine "Raumzeit", die Zeit vergeht in der Nähe schwerer Objekte langsamer, und diese ändern auch noch die Laufbahn des Lichts, keiner so recht glauben schenken. Eine Sonnenfinsternis verhalf dann aber zum Durchbruch. Sterne, deren Licht auf dem Weg zur Erde nur knapp an der Sonne vorbeiläuft, werden normalerweise durch das Sonnenlicht überstrahlt, und somit unzugänglich für optische Messungen (die genauen Positionen der Sterne kennt man natürlich trotzdem, man hat sie gemessen, als die Sonne außer Reichweite war). Bei einer Sonnenfinsternis aber sind diese Sterne zu sehen, und laut der allgemeinen Relativitätstheorie müssten sich jetzt Abweichungen ergeben, wenn man die Positionen der betroffenen Sterne während der Finsternis erneut bestimmt. Denn die Sonne sollte, aufgrund ihrer hohen Masse, den Lauf des Lichts verändern, bewegt es sich doch nur knapp an ihr vorbei und somit mitten durch die von ihr erzeugte Raumkrümmung. Einstein berechnete diese scheinbaren Sternpositionen, die sich bei den Messungen während der Finsternis ergeben müssten. Das Ergebnis: Alle Vorhersagen stimmten, das Licht der Sterne änderte seine Laufbahn gemäß den Vorhersagen Einsteins. Die allgemeine Relativitätstheorie hatte ihre Feuertaufe bestanden, und von diesem Zeitpunkt an war sie die Theorie, welche die Vorgänge in den makroskopischen Maßstäben unseres Universums beschrieben und erklärt hat – und das bis heute tut.

 
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Kurze Geschichte
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