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Theodor W. Hänsch
 

Interview mit Physik-Nobelpreisträger Prof. Dr. Theodor W. Hänsch

Teil 2: Grundlagen der Quantenmechanik: Quanten, Verschränkung, Messung, Grenze zwischen Mikro- und Makrokosmos

Drillingsraum: Unterhalten wir uns über die Quantenmechanik. Zuerst einmal: Was sind Quanten?

Prof. Dr. Theodor Hänsch: (lacht) Quanten... das ist natürlich ein Begriff, den man leicht missbraucht. Aber es ist wohl so, dass bestimmte Messgrößen quantisierte Ergebnisse liefern. Und das erste Beispiel wären vielleicht die Quanten eines Lichtfeldes in einem Resonator, die Photonen. Dort kann man sehen, dass die Energie nur ganzzahlige Vielfache von (sprich: "h-quer-omega", eine spezielle Energieeinheit) annehmen kann. Und ein solches -Quant, ein solches Energiepaket, das würde ich als Quant bezeichnen.

Drillingsraum: Ohne Quantenmechanik geht heute in der Physik praktisch gar nichts mehr. Was waren denn die ausschlaggebenden Punkte dafür, dass die Physiker vor rund 80 Jahren damit angefangen haben, diese Theorie zu entwickeln?

Prof. Dr. Theodor Hänsch: Es geht sogar bis auf den Anfang des letzten Jahrhunderts zurück, auf Max Planck. Er hat einen Weg gefunden, wie man das Spektrum der Schwarzkörperstrahlung durch Einführen dieser Quantenhypothese mathematisch beschreiben kann. An diese Quantenhypothese hat er
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übrigens selbst nicht geglaubt, er sah dies mehr als einen mathematischen Kunstgriff. Und dann natürlich Einstein, der in seinem annus mirabilis weiter über den Photoelektrischen Effekt spekuliert hat. Er selber hat ja auch nie richtig an die Quantenmechanik geglaubt, aber das waren so die Anfänge. Wesentliche Fortschritte wurden dann gemacht, als Rutherford den Atomkern entdeckt hat, und als Niels Bohr das Spektrum des einfachen Wasserstoff-Atoms mit einem Quantenmodell beschreiben konnte. Dieses machte völlig radikale, nicht-klassische Annahmen, aber der Erfolg hat den Leuten eben suggeriert, dass da was dran sein muss. Weitere Durchbrüche kamen natürlich durch Werner Heisenberg, Erwin Schrödinger und Paul Dirac. Und so ging es bis hin zur Quantenfeldtheorie.

Drillingsraum: Die Verschränkung ist ein wichtiges Phänomen in der Quantenmechanik. Für die Quantenteleportation oder die Quantenkryptografie beispielsweise verwendet man diesen Effekt. Was genau kann man sich darunter vorstellen, wenn etwa zwei Photonen miteinander verschränkt sind?

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Gequantelte Welt: Photonen können nur bestimmte Energiemengen annehmen. Wollen sie ihre Energie verändern, können sie das nur stufenweise tun.
 
Prof. Dr. Theodor Hänsch: Es gibt natürlich geteilte Meinungen darüber, was die Quantenmechanik beschreibt. Ich glaube am widerspruchsfreiesten ist es, wenn man Folgendes annimmt: Die Quantenmechanik ist ein Werkzeug das beschreibt, was wir über die Ergebnisse von Experimenten vorhersagen können. Wir haben Informationen darüber, wie ein System präpariert ist. Und mit den Regeln der Quantenphysik kann man dann statistische Vorhersagen machen. Und bei der Verschränkung ist es eben so: Nehmen wir an, ich habe zwei verschränkte Photonen, die sich meinetwegen in gegensätzlicher Richtung ausbreiten. Dann gewinne ich weitere Informationen über dieses System, indem ich zum Beispiel die Polarisation eines der beiden Photonen messe. Und diese Information erlaubt mir dann, etwas über die Messergebnisse von Experimenten auszusagen, die ich mit dem zweiten Photon mache. Die Verschränkung ist letzten Endes nur in meinem Kopf: Ich habe sie mir erarbeitet, und kann danach etwas über Korrelationen aussagen.

Drillingsraum: Es gibt Ansätze dafür, auch der Zeit einen gequantelten Charakter zuzuordnen. Ein solches Zeitquant, Chronon genannt, soll einer Dauer vonSekunden entsprechen. Wie kam man denn auf die Idee, auch die Zeit zu quantisieren?

Prof. Dr. Theodor Hänsch: Ich glaube nicht, dass das eine weit akzeptierte Vorstellung ist. Das war ein italienischer Forscher, der dieses Konzept in einem obskuren Journal vorgeschlagen hat. Er hat das sogar mit einer klassischen Beschreibung des Elektrons gemacht, hat dieses Chronon also für das Elektron eingeführt. Aber das ist eher an der Grenze der Spekulation, ich glaube nur an Dinge, die man messen kann.

Drillingsraum: In einer Episode der Zeichentrickserie Futurama klagt der Professor, dass bei einem Pferderennen die Messung beim Zieleinlauf das Ergebnis verfälscht hätte und eigentlich sein Pferd hätte gewinnen müssen. Aufgrund der Größenverhältnisse wird er die Jury mit diesem Argument wohl aber eher nicht überzeugen können. Kann man überhaupt eine Grenze zwischen der quantenmechanischen und der makroskopischen Welt ziehen?

Prof. Dr. Theodor Hänsch: Beim Zieleinlauf... Je nach dem. Wenn ich da mit einem Laserstrahl über die Bahn leuchte und ein Pferd sehr empfindlich ist, könnte es ja sein, dass das scheut. Und dadurch könnte es passieren, dass ich das Ergebnis
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auch ohne Quantenmechanik verfälsche (lacht). Aber jetzt im Ernst: Es gibt wohl keine scharfe Grenze zwischen der Quantenwelt und der klassischen Welt. Bei der Interpretation der Quantenmechanik versucht man natürlich immer, irgendeine solche Grenze zu setzen. Aber man kann diese Grenzen auch anders setzen. Wir versuchen eben, die Grenze immer weiter von mikroskopischen zu mesoskopischen, oder gar makroskopischen Objekten hin zu verschieben.

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