Der Lauf der Dinge

Seit jeher schauen die Menschen auf die Uhr. Der Lauf von Sonne, Sand und Wasser regelt lange Zeit unser Leben. Der Alltag gewöhnt sich schnell an die Zeit, und die Menschen gehen bald so selbstverständlich mit ihr schlafen wie früher mit dem Sonnenuntergang. Heute richtet sich alles nach ihr, wir treffen uns um 8 vor dem Bäcker, um halb 10 klaut mir einer mein Frühstück, um 2 häng' ich deswegen im Zweiuhrloch und um 18:35 kommt zur Rettung das Sandmännchen. Alle Ereignisse tragen eine Uhrzeit, wichtige und weniger wichtige. Die Zeit ist für uns ständiger Begleiter. Dennoch erscheint sie uns fremd, diese Zeit. Was sie genau ist, wissen wir nicht. Wir können sie nicht sehen, nicht hören, und abgesehen von der Langeweile in Warteschlangen, können wir sie auch nicht fühlen. Wir können die Zeit nicht einmal messen. Keine Uhr der Welt vermag dieses Kunststück durchzuführen. Denn unsere mechanischen und digitalen Erfindungen ermitteln in Wahrheit nur Zeitabstände. Wie schnell die Zeit selbst vergeht, und ob sie überhaupt vergeht, das weiß niemand so richtig. Ob sie überhaupt vergeht? Natürlich vergeht die Zeit, denn gestern war schließlich gestern und ist somit heute vergangen. Oder etwa nicht? Dazu ein kleines Gedankenexperiment:

Das Distanzenparadoxon

Wenn die Zeit selbst tatsächlich verginge, so müsste sie dies mit einer bestimmten Geschwindigkeit tun, denn vergeht etwas mit Geschwindigkeit „Null“, so steht es still. Jetzt ist eine Geschwindigkeit - im Sinne einer Bewegung - dadurch definiert, wie viel Zeit benötigt wird, um eine bestimmte Distanz zu überwinden. Für ein Auto ist diese Distanz ein Abstand zweier räumlicher Punkte. Je schneller das Auto diesen Abstand durchfährt, desto höher ist seine Geschwindigkeit. Einheit: Kilometer pro Stunde. Für die Zeit ist diese Distanz nun aber keine Strecke im Raum, sondern eben der Abstand zweier Zeitpunkte. Hier müsste die Frage also etwa lauten: Wie lange brauchen 5 Sekunden, um zu vergehen? Und hier kommt die Zwickmühle, denn fünf Sekunden brauchen eben genau fünf Sekunden, um zu vergehen. Die Einheit hieße also Sekunde pro Sekunde. Das ergibt keinen Sinn. Die „Geschwindigkeit“ der Zeit zu bestimmen führt also bereits in der Theorie in ein scheinbar auswegloses Unterfangen, denn in Bezug zu was sollte sie auch gemessen werden? Zu sich selbst? Keine Chance.

 
chronon
Gequantelte Zeit: Das Chronon soll eine einzelne Phase in der Zeit sein, sozusagen ein kürzest möglicher Zeitabschnitt von 10^-23 Sekunden. Ein Ähnliches Konzept verfolgt die Planck-Zeit, die mit 10^-43 Sekunden noch weit unterhalb der des Chronons liegt.

Aber steht die Zeit jetzt wirklich still? Kann man die Zeit überhaupt so einfach mit Geschwindigkeiten vergleichen? Dieses Gedankenexperiment zeigt uns zumindest eines: Wir haben heute noch keine vernünftige Theorie, die das Wesen Zeit vollständig beschreibt. Solche Überlegungen wie das Distanzenparadoxon sind zwar ganz nett, wir können daraus aber keine fundierten Erkenntnisse über die Zeit gewinnen, geschweige denn behaupten die Zeit stünde still, dafür verstehen wir einfach noch zu wenig von ihr.

Planck und die Stückelung der Natur

Max Planck war ein deutscher Physiker, nach ihm wurde die Planckskala benannt. Diese Skala gibt theoretisch ermittelte, untere Werte für physikalische Größen an, beziehungsweise untere Werte für physikalische Größen um die uns bekannte Physik noch sinnvoll anwenden zu können. Sind Sie noch da? Also. Nehmen wir beispielsweise mal den Raum, besser gesagt einen eindimensionalen Raum, eine Strecke. Wir stückeln diese Strecke jetzt in immer kleinere Teile. So klein, bis wir eben an der Plancklänge angekommen sind. Das ist bei ca. 10-35 Metern, viele Millionen mal kleiner als ein Atomkern. Will man Prozesse betrachten bzw. theoretisch behandeln, die sich unterhalb dieser Plancklänge abspielen, braucht man eine neue Theorie, die diese Mikrowelt beschreibt (denn auch die Quantentheorie ist hier zu Ende!).

Nicht nur Längen haben eine solche untere Grenze, sondern auch Massen und – richtig, die Zeit. Obwohl, bei der Zeit ist man sich noch nicht so sicher. Hätte ein Zeitabschnitt aber eine solche untere Grenze, wäre die Zeit also "gequantelt", wäre dadurch eventuell eine Theorie möglich, die die Quantenmechanik mit der Relativitätstheorie vereint. Warum man das will, und was diese beiden Theorien aussagen, sehen wir später. Jedenfalls hat man solch einer Phase in der Zeit, also diesem minimalen Zeitabschnitt, den schönen Namen Chronon gegeben (von lat. Chronos=Zeit). Das entspricht einer Dauer von etwa 2x10-23 Sekunden, also unglaublich kurz, kann sich keiner vorstellen. Trotzdem ist das vielen Physikern noch zu lange, diese verlangen die noch viel kürzere Planckzeit als kürzest mögliches Intervall, womit wir dann bei 10-43 Sekunden angekommen wären. Die Planckzeit ist die Zeit, die das Licht braucht, um einmal die Plancklänge zu durchlaufen.

Wenn die Zeit tatsächlich gequantelt sein sollte, läuft unser Universum wie ein riesiges Daumenkino ab, der Raum nimmt also mit jedem Zeitabschnitt eine neue Form an. Die Zeit verändert den Raum.

 
 
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